Karaoke zum Feierabend
Dienstag, 22. Juni 2010
Kurz vor Feierabend kam mein Kollege Bowie zu mir ins Büro und lud mich ein, ihn und sieben andere Kolleginnen und Kollegen zum Karaoke zu begleiten. Ich sagte kurzerhand meinen Chinesischunterricht ab und saß wenig später im Auto Richtung Karaokebar. Vorab sei noch erwähnt, dass in China Karaoke in Kabinen oder kleineren Räumen stattfindet, in denen je nach Gruppengröße zwei bis 15 Leute Platz finden.
Was mich dann erwartete, übertraf meine Erwartungen. Ich betrat keine Karaokebar, sondern einen Karaokepalast. Es reihte sich Karaokeraum an Karaokeraum. Zu unserem gelangten wir nach einem Marsch durch etliche Korridore, die mit Spiegeln und schwarzem Marmor verkleidet waren. Die zum Teil verglasten Türen der Karaokeräume gaben mir den Blick auf trällernde und essende Chinesen frei.
Unser Raum war ausgestattet mit schwarzen Ledersitzen, zwei Tischen, einer dröhnenden Musikanlage und einem riesigen Flatscreen. Durch indirekte Lichtquellen und schwarzem Marmor an den Wänden war die edle Atmosphäre perfekt. Nachdem wir uns am Buffet etwas zu essen geholt hatten, ging es auch schon los. Bevor ich meinen ersten Bissen tat, gab mein Kollege bereits einen chinesischen Popsong zum Besten. Von da an stand das Mikrofon nicht mehr still.
Für mich begann dann nicht nur eine Einführung in das chinesische Popsongrepertoire der letzten zehn Jahre, sondern auch ein Crashkurs in chinesischer Gegenwartskultur. Da meine Kollegen voller Hingabe und ohne Scheu ins Mikrofon krähten, legte auch ich schnell meine Hemmungen ab und versuchte mich an Songs von Michael Jackson, Lady Gaga oder Madonna. Zum Schluß wurde noch ein Battle ausgetragen, wer am lautesten ins Mikrofon grölt und dabei habe ich gar nicht schlecht abgeschnitten. Nach drei Stunden war der Spaß leider wieder vorbei und nachdem, wie in China üblich, einer für alle bezahlt hatte, ging ich zufrieden nach Hause.