Mittwoch, 21. Juli 2010
Spontanität

Sonntag, 18. Juli 2010

Das Telefon klingelte gegen 9.00 Uhr. Verdammt früh für einen Sonntag Morgen, zumal mir noch der Sight Seeing Marathon von Gestern in den Knochen steckte. Ich entschied mich, ran zu gehen. Meine Kollegin Shirley war am Apparat und fragte mich, ob ich mit nach Suzhou kommen möchte. In der 100 km entfernten Stadt vermieten Shirley und ihr Ehemann ein Apartment, in dem von ihnen ein Wasserrohrbruch behoben werden musste. Mit einem Auge halb geöffnet krächzte ich mit schlaftrunkener Stimme, dass ich in 20 Minuten an der Metro sei.

Zu dritt machten wir uns auf den Weg zum Bahnhof. Dort angelangt, herrschte bereits reger Reisebetrieb. Nachdem Shirley und ihr Ehemann eine Weile erfolglos versuchten, Tickets für uns zu kaufen, stellte sich heraus, dass die Regierung ohne Vorankündigung den Zugverkehr nach Suzhou von täglich 20 auf sechs Züge reduziert hatte. Keine Chance für uns, ein Ticket zu ergattern und aus Shanghai heraus zu kommen. Wir mussten unser Vorhaben abbrechen. Hilfe zur Behebung des Rohrbruchs wurde irgendwie telefonisch organisiert.

Nachdem die chinesische Regierung ordentlich ihr verbales Fett weg bekommen hatte, gingen wir auf den ganzen Stress erst einmal etwas essen. Spontan entschieden wir uns dabei, den angebrochenen Tag gemeinsam zu verbringen und anschliessend den 35 km entfernten Sheshan National Forest Park im Westen Shanghais zu besuchen. Gesagt, getan, saßen wir gegen 14.00 Uhr in der Metro Richtung Sheshan. Am Park angekommen, empfing uns eine leichte Brise und frische Luft - Erholung pur! Wir erkrakselten den 100 Meter hohen Berg (Hügel?!) und genossen die Schatten der Bäume und die kleine Auszeit von Shanghai.




Montag, 19. Juli 2010
Drängeln? Drängeln!!!

Sonnabend, 17. Juli 2010

Heute war wieder einmal Hardcore Sight Seeing angesagt. Nachdem ich ausgeschlafen und meine Route im Kopf zurecht gelegt hatte, ging es Richtung Xintiandi in der Französischen Konzession. Dort besuchte ich ein Museum für traditionelle Shikumen Steinhäuser, die in den 1840 bis 1950er Jahren die ersten Massenwohnsiedlungen Shanghais waren.

Nachdem ich meine Neugierde befriedigt und die Ecken des Wohnhauses ausgekundschaftet hatte, ging es weiter in Richtung Innenstadt - zum Volksplatz. Auf dem Volksplatz zeigte das chinesische Volk ein ungemein reges Interesse an meiner Wenigkeit. Ich war Objekt der Begierde und wurde als waschechte Ausländerin und offensichtliche Langnase vor ettliche Kameralinsen gezerrt. Irgendwann machte ich mich aus dem Staub und huschte in die angrenzende City Hall, um mich über die unglaubliche Stadtplanungsgeschichte Shanghais zu informieren.

Anschließend durchquerte ich ungeknipst den Volksgarten und gelangte endlich an die berühmt berüchtigte Nanjing Straße - der Inbegriff touristischer Umtriebigkeit. Touristenmassen schoben sich durch die Einkaufsmeile. Ich versuchte so gut es ging etwas vom Flair der Straße zu erhaschen, befürchtete jedoch, entweder von Menschen umgerannt oder von Bussen überrollt zu werden, sobald ich mich nicht auf meinen nächsten Schritt konzentrierte. Trotz all des Schiebens und Drängelns herrschte eine fröhliche und ausgelassene Stimmung unter den Touristen, die gemeinsam mit mir alle ein Ziel zu haben schienen: den Bund mit dem berühmten Blick auf die Skyline Shanghais.

Am Bund angekommen, wurde ich für meine schmerzenden Füße, durchgeschwitzten Klamotten und beginnende Platzangst belohnt: bei einer leichten Brise und einsetzendem Sonnenuntergang hatten wir einen wunderbaren Blick auf die Wolkenkratzer zur einen und Häusern unterschiedlichster Architekturstile auf der anderen Seite. Auch hier fühlte ich mich wie eine Sardine, aber irgendwie gehört das einfach dazu. Wer nicht einmal eine ordentliche Drängelei miterlebt und selbst schamlos mitgedrängelt hat, war wohl nie richtig in Shanghai.



Montag, 12. Juli 2010
Öffentliche Verkehrsmittel

Montag, 12. Juli 2010

Nachdem ich in Shanghai bereits öffentliche Verkehrsmittel wie die Metro, Taxi, Mopedtaxi und Touristenbus gemeistert habe, stand heute die Königsdisziplin an: das Fahren mit dem im Volksmund als weithin bekannten "Gemeinen Bus".

Warum der Bus? Meine Chinesischlehrerin Ying wohnt in einem Viertel, das von waschechten Shanghaianern bewohnt wird. Dieses Wohngebiet befindet sich etwas außerhalb im Westen Shanghais. Bereits letzte Woche bin ich nach der Arbeit dirtekt mit der Metro und dem Mopedtaxi zu ihr gefahren. Das Ganze dauerte 1,5 Stunden. Um den Fahrtweg heute etwas zu verkürzen, schlug Ying die Fahrt mit dem Bus vor.

Ausgestattet mit allen notwendigen Informationen über Umsteigeorte, Haltestellen und Zielort, ging es nach der Arbeit los. Nachdem ich bereits mit dem Mopedtaxi zur Metrostation und mit der Metro zur Bushaltestelle gefahren bin, stieg ich im zweiten Versuch in den Bus, der auch in die richtige Richtung fuhr. Ying sagte mir vorher, dass ich im Bus bei einer Frau bezahlen muss. Nach einer Weile des seelenruhigen Schwarzfahrens entdeckte ich die ominöse Frau. Sie saß hinten auf einem Sitz neben der hinteren Eingangstür und wartete einfach darauf, dass man zu ihr geht und bezahlt. Also tat ich das auch ganz brav. Nachdem ich 2 Yuan (23 Cent) bezahlt und somit alle Formalitäten erledigt waren, war ich nach 20 Minuten am Ziel.

Ying holte mich vom Bus ab. Auf dem zehnminütigen Fußmarsch durch das riesige und lebhafte Wohngebiet kamen wir an einer Art mobilem Totenshrine vorbei. Ying erklärte mir, dass auf diese Weise kürzlich Verstorbene geehrt und gegen ein geweisses Entgelt entsprechend besungen und ins Jenseits begleitet werden. Ying erzählte weiter, dass Angehörige des Toten daran zu erkennen sind, dass sie weiße Blumen im Haar tragen. Kaum ausgesprochen, ging eine kleine süße Omi mit einer weißen kleinen Papierblume im Haar an uns vorbei.

In Yings Wohnung im siebten Stock angekommen, die dort mit ihrem Freund und zwei süßen Hunden wohnt, begannen wir auch gleich mit dem Unterricht. Es machte wie immer sehr viel Spaß. Die Zeit verging wie im Fluge, sodass ich mich schon bald wieder auf dem Rückweg befand. Das Wohngebiet sah in der Dunkelheit noch surrealer aus als bei Tage. All die Lichter der tausenden von Wohnungen in hunderten von Hochhäusern. Dazu die Schnellstraßen, welche das Wohngebiet auf hohen Pfeilern einsäumen. Ein einmalig ungewohnter Anblick, den meine Kamera leider nur unzulänglich wiedergeben kann!


Mein Rückweg bestand aus: 1x Bus, drei Metrolinien (insgesamt 2x umsteigen) und noch einen Fußmarsch. Müde aber glücklich und mit einigen Wörtern mehr Chinesisch im Köpfchen kam ich kurz nach 22 Uhr bei mir zu Hause an.



Sonntag, 4. Juli 2010
Sonntagsausflug auf Chinesisch

Montag, 5. Juli 2010

Gestern habe ich meine erste Busreise unternommen und den sicheren Hafen Shanghais verlassen. Mein Ziel war das 1,5 Stunden entfernte Wasserdorf "Zhouzhuang". Nachdem ich eine Stunde lang nach dem Busbahnhof am Shanghai-Stadion gesucht und dabei das riesige Sportareal einmal komplett umrundet hatte, kam ich endlich am versteckten Busbahnhof an. Voller Vorfreude wollte ich sodann mein Ticket buchen. Mein eigentliches Ziel sollte der höchste Berg Shanghais (mit 100 Metern - wie süß) im National Forest Park "She Shan" werden. Da es hier im Moment unerträglich heiß und schwül ist, sehnte ich mich nach schattigen Bambuswäldern und ein wenig Ruhe. Leider wurde der Bus gestrichen. Meine Alternative war ein pittoreskes Dorf in der Nähe - Bus ebenfalls abgesagt. Ja was fährt denn überhaupt noch, fragte ich und so landete ich im wohl größten und populärsten Wasserdorf der Region.

Der Bus war voll und die Reise zum Wasserdorf durch das Umland spannend. Am Ziel angekommen, fühlte ich mich sofort an einen Satz aus meinem Reiseführer erinnert: Meiden sie das Reisen am Wochenende, denn da ist halb China unterwegs. Ja, das kann ich bestätigen. Vor dem Wasserdorf parkten Massen an Bussen und Menschenströme eilten auf das Dorf zu. Oh Gott, also kein entspanntes Bummeln durch das romantische kleine Fischerdorf, das aus allen Nähten zu platzen drohte!

Auf den Schreck musste ich erst einmal etwas essen. Nach einem überteuerten und versalzenen "Drunken Chicken" (ertränktes Huhn), was nicht mehr als gepökeltes Federviehfleisch war und ich mich an dieser Stelle lieber selbst in Reiswein ertränkt hätte, ging es weiter. Schnell stellte sich heraus, dass Chinesen lieber bummeln und einkaufen, als die zu Museen umgestalteten uralten chinesischen Häuser zu besuchen. So fand ich dann doch meine ersehnte Ruhe in all dem Gewühl, indem ich mich von Museum zu Musem vorarbeite. Trotz der vielen Menschen entwickelte sich der Ausflug zu einem total schönen Nachmittag.

Nach drei Stunden Sightseeing und kollektivem Schwitzen bei 38 Grad Celsius im Schatten, ging es gegen 17 Uhr zurück zum Bus. Keine Minute später und ich wäre von den vom Himmel herabstürzenden Wassermassen bis auf die Knochen durchnässt worden. Die Regenzeit wird ihrem Namen wirklich gerecht. Seit einigen Tagen wache ich nachts regelmäßig durch Wolkenbrüche auf, die ihresgleichen suchen. Diese Phase hält wohl noch vier Wochen an. Dann kommt die heiße Periode. Da frage ich mich doch ernsthaft, wie heiß es denn noch werden soll????




Mittwoch, 30. Juni 2010
Shopping-Marathon

Mittwoch, 30. Juni 2010

Meine Arbeitskollegin Shirley ist im siebten Monat schwanger, weswegen sie im wohl populärsten buddhistischen Tempel Shanghais, dem Jing'an Tempel, für ihr ungebohrenes Kind beten gehen wollte. Sie fragte mich, ob ich sie begleiten wolle und so saßen wir letzten Samstag gegen halb Elf in der Metro Richtung Innenstadt. Am Ziel angekommen, purzelten wir aus der Metro raus und direkt eine Etage höher in den Tempel rein - wie praktisch! Das besondere an dieser Tempelanlage ist ihre Lage - mitten in Downtown Shanghai ist der Tempel regelrecht von Hochhäusern umzingelt. Der Kontrast ist atemberaubend und auch ein bisschen symptomatisch für Shanghai. Das Alte muss seine Position behaupten, um nicht von der rasant wachsenden Moderne des 21. Jahrhunderts verschluckt zu werden.

Während Shirley betete, schaute ich mich auf dem Tempelgelände um. Wie so oft in Shanghai herrschte ein emsiges Treiben und Wuseln. Mönche flitzten mit ihren Smartphones über die Tempelanlage, überall wurde andächtig mit Räucherstäbchen durch die Luft gewedelt, Geld klirrend in irgendwelche Boxen oder Gefäße geworfen und sich angeregt mitreinander unterhalten. Dabei fiel mir auf, dass sehr viele Junge Leute hier waren. Später erklärte mir Shirley, dass aufgrund der rasanten Veränderungen der letzten Jahre insbesondere die jüngere Generation zunehmend mit wachsenden privaten Belastungen und beruflichen Anforderungen zu kämpfen hätte. Um die Probleme zumindest in unserem Alltag klein zu halten, versuchten Shirley und ich eine Münze in die Öffnung eines Schreins zu werfen. Das soll Glük bringen. Wir haben beide getroffen :)




Nach dem obligatorischen Besuch der Tempelanlage, einer leiblichen Stärkung und dem Besuch einer Expo Veranstaltung, ging es, zumindest für Shirley, zum angenehmen Teil des Nachmittags über - zum Shoppen. Ich dachte bei mir, kann ja nicht so lange dauern, da sie immerhin schon im siebten Monat schwanger ist. Weit gefehlt! Bei den ersten zehn Geschäften konnte ich noch gut mithalten, alles was danach kam, stand nur noch unter dem Motto "Zähne zusammenbeißen und durch"! Während Shirley in Shop Nummer XY angeregt nach einem Kleid suchte, wurde mir vom Verkäufer ein kleiner Hocker in einer Ecke angeboten. Er konnte mir wahrscheinlich alles von meinem Gesicht und meiner Körperhaltung ablesen. Ich setzte mich dankbar hin und wartete.

Während ich in dem 10qm Shop so da saß, strömten immer mehr Leute in den Laden. Irgendwann fragte ich mich, wieviele es wohl mittlerweile waren - ich kam auf 15. Ähnlich wie das Phänomen Fahrstuhl: Wenn ich denke es passt keiner mehr rein, finden noch drei weitere Leute Platz. Gott sei Dank war auch irgendwann Shirley ershöpft und hungrig, so dass wir zum Abendessen zu ihr fuhren.



Sonntag, 20. Juni 2010
Französisches Flair & popelnde Chinesen

Sonntag, 20. Juni 2010

Wochenende bedeutet für mich AUSSCHLAFEN! Aber ab wann war ich putzmunter? 5.30 Uhr! Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, dass mich immer noch das Jetlag plagt. Die ganze Woche über hatte ich leichte Schlafprobleme und hätte fast 2x verschlafen.

Da Morgenstund ja bekanntlich Gold (oder sollte ich lieber sagen: Schlabberwasser) im Mund hat, hielt ich zur ausgleichenden Gerechtigkeit einfach meinen Freund via Skype noch zwei Stunden von seinem verdienten Schlaf ab :)

Früher als gewöhnlich war ich auf der Sightseeing-Piste und fuhr Richtung Innenstadt. Mein Ziel war das In-Viertel der einstigen Französischen Konzession. Geprägt ist das Viertel durch von Platanenbäumen gesäumte Straßen, Stadtvillen nach europäischem Vorbild, süße Kaffees, Boutiquen, Touristen und die charakteristische chinesische Geschäftigkeit. Für viele in Shanghai lebende Ausländer ist dieses Gebiet auch eine beliebte Wohngegend.


Zuerst landete ich bei einer öffentlichen Expo-Veranstaltung im Xiangyang Park. Hier wurden Vorträge gehalten, Theater gespielt, getanzt und geträllert was das Zeug hielt. So kam ich dann auch in den Genuß, ein traditionelles chinesisches Tanzensemble zu bewundern, das ein Stück aus der berühmten Chinesichen Oper zum Besten gab.

Anschließend schlenderte ich ausgiebig durch die Straßen der Konnzession und machte in einem Buchladen einen kleinen Zwischenstopp, um Eiskaffee zu trinken und in Reiseführern zu schmöckern (es war unglaublich schwül und warm). Auf meiner weiteren Erkundungstour entdeckte ich zufällig einen total süßen Park, Shao Xing Park, der nicht auf meinem Stadtplan eingezeichnet war. Ich liebe solche Überraschungen. Hier blieb ich ganze zwei Stunden und legte ein gepflegtes Nickerchen ein. Chinesen lieben diese kleinen Schläfchen, die sie in den ungewöhnlichsten Positionen und Umgebungen mit Hingabe pflegen. Also dachte ich bei mir, wenn sie das können, kann ich das auch.


Auf meinem Weg ins hippe Trendviertel Xintiandi durchqerte ich noch den Fuxing Park. Als ich eine Verschnaufpause auf einer Parkbank einlegte, setzte sich ein Chinese zu mir und sprach mich an. Nach fünf Minuten erfolglosen Versuchen ihm klar zu machen, dass ich kaum Chinesisch kann und er immer wieder auf mich einredete, begann er ungeniert vor mir zu popeln. Als er seine Finger gefährlich nah in meine Richtung streckte, beschloss ich augenblicklich, der Völkerverständigung ein Ende zu bereiten und verließ ihn und den Park. In Xintiandi angekommen, nahm ich Platz in einem thailändischen Restaurant und belohnte mich mit einem guten Essen für die ersten zwei tollen und erfolgreichen Wochen in Shanghai. Um 22.00 Uhr war ich zu Hause und fiel wie ein Stein ins Bett. Good times!



Freitag, 18. Juni 2010
Himmlische Ruh!

Freitag, 18. Juni 2010

Shanghai ist eine lebhafte und durchaus laute Stadt. 15 Millionen Menschen auf einem Haufen produzieren auch einen Haufen Geräusche. Umso intensiver erlebe ich die Ruhe, die mich schon einige Male in Shanghai überrascht hat. So geschah es auch diesen Mittwoch, an dem ein Großteil der Chinesen und ich aufgrund eines Feiertages frei hatten.

Am Tag des "Drachenbootfestes" machte ich mich also auf den Weg, um die größte und schönste buddhistische Tempelanlage Shanghais, den Longhua Tempel, zu besichtigen. Auf meinem Shanghai-Stadtplan sah das nach einem einfachen Unterfangen aus - die Wirklichkeit entpuppte sich jedoch wie folgt: Bevor ich diesen ferflixten Tempel erreichte, irrte ich erst einmal einige Stunden bei 30 Grad an acht- und sechs-spurigen Straßen entlang - Warum? Weil mein Stadtplan veraltet, die Straße zum Tempel dementsprechend falsch eingetragen und mein Pfadfinderkampfgeist unwiderruflich geweckt war.


Nach längerer Suche kam der erlösende Wegweiser und ich schlurfte ein klein wenig erschöpft Richtung Tempeleingang.
Was sich hinter dem riesigen Tor verbarg, entschädigte mich für meine Strapazen - eine Oase der Ruhe und Idylle empfing mich. Klar, werdet ihr sagen, ist ja auch 'ne Tempelanlage - was erwartest du. Aber diese Ruhe wirkt in einer Stadt wie Shanghai umso stärker, je länger man an ihren stark befahrenen Straßen entlangirrt.



Und so atmete ich erst einmal tief durch, genoss die Stille, besuchte eine kleine Kunstausstellung, lauschte operettenartigen Gesängen und stärkte mich am Geheimtip meines Markopolo Reiseführers - an selbstgemachter Mönchsnudelsuppe.

Religion erlebt in China derzeit eine Renaissance. Menschen suchen nicht nur Zuflucht im Materialismus, sondern auch im Glauben. Aber das eine schließt das andere auf keinen Fall aus, wie mir eindrucksvoll in der Tempelanlage bewiesen wurde. Überall standen Holzboxen, in die man Geld einwerfen konnte - ob als Spende oder Besänftigung der Gottheiten blieb mir jedoch unklar. Die prachtvollen Schreine der Tempelanlage erstrahlten überall in Blattgold oder wie in folgendem Bild in beeindruckender Vielzahl.
Mögliches Motto: Viel hilft viel!
Auf dem Rückweg besuchte ich noch den angrenzenden sozialistisch angehauchten Märtyrerpark, der mir ein reiches Kontrastprogramm zur altertümlichen Tempelanlage bot. Beim anschließenden Restaurantbesuch gab es leckere Froschschenkel und für die Angestellten offensichtlich mal wieder eine willkommene und unterhaltsame Abwechslung, einer Langnase beim Essen mit Stäbchen zuzuschauen ;)



Montag, 14. Juni 2010
Weiße Wolken und dunkle Stuben

Montag, 14. Juni 2010

Nachdem ich am Sonnabend nur gefaulenzt, mein Jetlag endlich weggeschlafen habe und dabei nur minimal von den Putzfrauen gestört wurde, machte ich mich am Sonntag gestärkt und voller Tatendrang zu meinem ersten Ausflug in die Shanghaier Innenstadt auf.


Die Fahrt mit der Metro war mehr als simpel - einsteigen und neun Stationen weiter bzw. 20 Minuten später in der Shanghaier Innenstadt Nähe Volksgarten aussteigen. Interessant war jedoch, dass jeder Fahrgast vor Betreten der Metro seine Tasche scannen lassen muss. Personenkontrollen mit einem Detector sind üblich.


Nach einem ordentlichen Fußmarsch durch die Glitzer- und Wolkenkratzerwelt der modernen Innenstadt erreichte ich mein Ziel - die Altstadt von Shanghai. Ab jetzt legte ich den Stadtplan beiseite und ließ mich überraschen, wo mich all die kleinen Gassen hinführen. Prompt landete ich im daoistischen Tempel der weißen Wolke. Da überall aus riesigen Bottichen weißer Rauch aufstieg, hatte ich schon kurzzeitig das Gefühl, himmlisch benebelt zu sein. Die stattfindende Prozession mit den musizierenden Mönchen rundete die religiös-mystische Atmosphäre ab.


Inspiriert von den Mönchen und weißen (Qualm)Wolken ging es weiter in die Untiefen der Altstadt. Überall hing Wäsche, es wurde in den dunklen Stuben gekocht und gebruzelt, Lebensmittel verkauft, Haare gewaschen, Motorräder repariert, Blumen gegossen, Straßen gefegt und Müßiggang gelebt (insbesondere die uralten Omis und Opis). Tatsächlich laufen einige Chinesen in Schlafanzügen durch die Gegend.


Irgendwann landete ich im berühmten Yuyan-Basar, der im Stil der Qing-Dynastie als ein Tempel des Konsums gebaut wurde. Es herrschte ein üppiges Leben und riesen Andrang an kauf- und vergnügungswütigen Touristen, ein Gedrängel in jedem Geschäft und lautes Geschwatze in den Restaurants - ein tolles Flair! So wurde ich dann Richtung Ausgang geschoben, wanderte noch etwas in der Altstadt umher, um schließlich von einer jungen Chinesin angesprochen zu werden. Sie wollte ihr Englisch praktizieren und ich konnte den Yu Yuan, Garten der Zufriedenheit, nicht finden. Also gingen wir eine kurzweilige Symbiose ein: wir schlabberten Englisch, sie begleitete mich zum Yu Yuan Garten und machte noch ein paar Fotos von mir.


Danach machte ich mich auf den Heimweg - todesmutig mit dem Moped-Taxi durch die Innenstadt zur nächsten Metrostation. Das war ein riesen Spaß und eine willkommene Abwechslung für meine schmerzenden Füße.